Hallo Leute,
mich erreichte eine Nachrichten von Giorgio aus Berlin. Er braucht dringend eine helfende Hand bei seinem Holzpiraten, doch lest und schaut selbst worum es geht.
VG Malte
Lieber Malte Storn!
Mit Begeisterung habe ich schon oft auf Ihrer Seite gelesen und einiges entdeckt. Ich habe selber einen Holpiraten vom VEB Jachtbau Köpenick von 1955 hier in Berlin. Er ist in recht gutem Zustand, ich habe ihn vor 10 Jahren so übernommen und bastele immer so dran rum.
Nun habe ich ein gravierenderes Problem, mit dem Schwertkasten.
Ich muss da einiges neu machen, und das ist vielleicht gar kein so großes Problem, aber ich brauche nun einiges Know how.
Hallo Mallte,
Ich wäre Dir sehr sehr dankbar,wenn Du ein wenig Dich umhören würdest, wer mir vielleicht ein Angebot machen könnte. Oder es mit mir gemeinsam macht, der Werkzeuge hat und sowas kann. Denn ich fände gerne etwas dem historischen Boot angemesseneres. Ich habe Erfahrungen seit 20 Jahren mit dem Boot, aber hier merke ich, dass ich es nicht ganz alleine kann!
Hier alle Bilder:
Schadensgrund und Schaden: Der Schwertkasten wurde im Zuge der GFK-Beschichtung mit Zinkblech ausgeschlagen, das unten am Holz umgeschlagen und mit GFK abgedichtet wurde. Seit etwa drei Jahren gab es dort Wassereinbruch, 2015 schlimm. Nun sind einige horizontale Bretter des Schwertkastens anscheinend von Ihnen schadhaft (Teilverrottung). Da aber die meisten beim aggressiven Draufschlagen (mit Beitel) doch solide wirken, scheint mir ein Komplettaustausch des Kastens übertrieben.
Notwendige Arbeiten (aus meiner Sicht):
- Entfernen der Blechausschlagung (erweist sich als schwierig)
- Entfernen des Kielschweins (Teilweise schadhaft)
- Entfernen aller Schadhafter Holzteile des Holzschwertkastens, allerdings scheint mir, man kann sie vom Kielschwein aus herausziehen und auch wieder einsetzen. Da liegt vielleicht ein Knackpunkt: die schadhaften, horizontalen Bretter sind ja mit Kupfernieten mit den vertikalen Staken verbunden. Die müsste man lösen, und das ist nicht ganz unproblematisch von Außen her. Wer sagt mir, ob das geht?
- Ersatz der Holzeile, durch anzufertigende Mahagoniteile (da liegt mein Problem, sowas kann ich nicht).
- Neuauschlagen des Schwertkastens mit Metallblech (Anfertigung könnte ich nach genauen Maßen von der Firma eines Freundes machen lassen)
- sachgerechte Schraube anfertigen, in die später das Schwert eingehängt wird.
- Herstellen einer zuverlässigen Abdichtung der Schraube, in den das Schwert eingehängt wird
- Neues oder repariertes Kielschwein einsetzen (nach Backbord hin ist es leicht schadhaft)
- Abdichten des Schwertkastens von Unten durch GFK oder ähnliches Material in Anschluss an das GFK aus den 1970er Jahren
So würde ich mir das wünschen, falls es sich im Zuge der Maßnahmen zeigt, könnte es natürlich auch auf ein Ersatz des Schwertkastens hinauslaufen. Ausschließend kann ich das nicht, es scheint mir nach allen meinen Erfahrungen aber übertrieben.
Ich habe auch schon ein Angebot für 2000€ +MwSt. den Schwertkasten zu erneuern. Daran gefällt mir gar nicht, dass ich eigentlich der Meinung bin, man kann ihn reparieren. Ich finde allerdings keinen Handwerker, der das machen will. Alle weigern sich, das zu tun, weil sie sagen, dass der schrott sei und es sonst nicht halten würde. Dass ich es anders sehe und es echt doof finde, wenn dann hinterher alle Nieten neu sind und faktisch der ganze Kasten, nützt mir halt nichts, wenn ich niemanden finde, der es macht.
Herzlichen Dank und viele Grüße,
Giorgio
Wer Hinweise und/oder Hilfe geben kann, bitte unten in den Kommentaren oder an giorgio.stalker@web.de
Hei Georgio!
Mir scheint Dein ganzes Problem darin zu bestehen, dass Dir nicht klar zu sein scheint, ob du ein Wrackteil oder einen Schwertkasten reparieren oder erhalten solltest. Der Aufwand, den Du betreiben willst, der lohnt sich nicht. Auch wenn Du gerne mit einem Segelschiff segeln willst, bei dem Jederzeit das Schwert auf Tauchstation gehen könnte oder sogar sich der Schwertkasten mit einem Ächsen durch das Kielschwein verabschieden will, überlege Dir bitte rechtzeitig, dass Wasser keine Balken hat und ein Pirat trotz ausreichender Auftriebskörper eher wie eine Bleiente auf dem Teich schwimmen kann, wenn ein Loch im Rumpf nicht mehr gestopft werden kann.
ich würde Dir raten, lieber an einem anderen Objekt Deine Erfahrungen zu gewinnen.
Ich danke schonmal für die viele Mühe, die sich hier einige gemacht haben.
HIER EIN ZWISCHENSTAND:
Ich habe eine separate Mail von einem Schreiner erhalten, der mir 1, einen historischen Schwertkasten geschenkt hat und 2, mir Bohlen zur Reparatur meines eignen Schwertkastens zugeschnitten hat. Aus Eiche.
Er hat mich darin bestärkt, den Kasten auf keinen Fall neu zu bauen. Im Schlimmsten Falle nehmen ich den historischen, der in ziemlich gutem Zustand ist. Besser fände ich es, den originalen aus meinem Boot zu reparieren.
Ja, nach wie vor reparieren. Ich zähle nun eine stolze Anzahl von 8 Fachleuten, die mir klar und eindeutig sagen, dass mein Schwertkasten nicht zu retten ist. Ich bleibe aber dabei, dass ich das versuche, ihn zu reparieren. Wenn mir jemand dazu noch Tips gehen kann, dann wäre ich sehr, sehr dankbar!
Es zeigt sich hier ein grundsätzliche Divergenz, die sehr spannend ist. Und ich werde am Ende auf jeden Fall hier über das Ergebnis berichten. Die Divergenz liegt darin, ob man ein historisches Boot als historische KONSTRUKTION in allen ihren Einzelheiten schätzt, liebt – und AKZEPTIERT. Wenn man das nicht tut, kommt man schnell zu der Einschätzung: Muss neu. Ich werde es versuchen, zu reparieren. Wenn ich damit „Schiffbruch erleide“, werde ich auch dies mitteilen. Aber, historische Konstruktionen sind mein Spezialgebiet, nur halt leider nicht am Boot. Daher habe ich auch eine andere Einstellung dazu. Und da ich zumindest theoretisch das Fach kenne, habe ich eine große Bitte: „Restauration“ und „Restaurationserfahrung“ meint, jemand ist Wirt, schenkt Bier aus und Steaks, auf jeden Fall meint „Restauration“ „Gastwirtschaft“. Wenn man aber ein historisches Boot mit dem Anspruch, es in seiner historischen Eigenart zu erhalten, repariert, dann ist das Wort „Restaurierung“.
Herzlich Giorgio.
Hallo Giorgio,
wünsche dir viel Erfolg bei deinem Projekt der historischen Erhaltung des Schwertkastens. Ich bin auf deine Erfahrungen gespannt.
Ich möchte zwar keinen germanistischen Streit beschwören aber zur Klarstellung „Restauration“ ist das korrekte Wort für die Erhaltung historischer Dinge, auch wenn es im Sprachgebrauch nicht mehr häufig anzutreffen ist. (lat.. : restauratio = Wiederherstellung)
siehe :
http://www.duden.de/rechtschreibung/Restauration_Erneuerung_Wiederherstellung
Gruß
Andreas
Hallo Giorgio, ähnlich schlimm sah mein Pirat auch mal aus.
Zum Glück ohne das Leichentuch. (Trotzdem waren meine Bodenplanken nicht mehr zu retten). Ich vermute unter dem Glasfasergewebe sieht es nicht besser aus, aber dies nur am Rande.
Aus meiner Restaurationserfahrung kann ich nur empfehlen, die Sache gründlich anzugehen. Du solltest vesuchen das verrottete Holz aus dem Schwertschlitz im Kiel auszufräsen und neu einzuleisten. Zudem wirst du wohl um einen Neubau des Schwertkastens nicht drumherum kommen. Aus Gründen der besseren Dichtigkeit empfehle ich einen Neubau aus Marinesperrholz (Keine Übergänge zwischen den Brettern). Diesen von innen und außen mit Epoxitharz beschichten (mind. 4 Schichten). Anschließend eine plane Vertiefung in den Kiel fräsen und den Kasten mit Epoxi eingekleben. Schwertbolzen aus Rundstahl (V2A), beidseitig Gewinde und diesen im Kasten versenken und mit Unterlegscheiben eingekleben. Damit lässt sich eine optimale Dichtheit erreichen.
Siehe Fotos
https://www.dropbox.com/sh/orryvil4uvr0dso/AADuywB8e6-lDiVpGbiCPFk0a?dl=0
Die genannten Arbeiten sollten auch ohne herausnehmen der Bodenplanken machbar sein. Mit etwas handwerklichem Geschick und Werkzeug (lässt sich im Baumarkt leihen) kann man es selbst erledigen.
Gruß und viel Erfolg bei der Restauration
Andreas
Hallo Giorgo,
ich habe auch einen VEB-Piraten BJ 1958 hier in Berlin, kann Dir aber leider technisch nicht weiterhelfen – das übersteigt meine Fähigkeiten.
Mein Eintrag ist daher etwas „off topic“: Mir ist bei deinen Fotos ein interessantes Detail aufgefallen: Bei Deinem Piraten verlaufen die Nahtleisten quer zur Beplankung, bei meinem längs zu den Planken.
Irgendwann zwischen 1955 (Dein Boot) und 1958 (Mein Boot) wurde das dann wohl umgestellt – oder von der Werft einfach willkürlich gehandhabt, je nach dem, welches Material gerade zur Hand war? Oder liegt es daran, dass Deiner aus der Yachtwerft Köpenick und meiner aus der Yachtwerft Friedrichshagen stammt?
Weiß dazu jemand mehr? Rein aus Interesse: Wie sind die Nahtleisten bei den meisten anderen Piraten? Längs oder quer? Was sind die jeweiligen Vor- oder Nachteile?
Viele Grüße
Christian
Hallo Christian,
meine Beobachtung die ganzen Jahre ist die, dass die quer verlaufenen Nahtspanten selten vorkommen. Vielleicht weiß jemand mehr zu den individuellen Ausführungen der Werfen.
VG Malte
Das ist ja spannend, aber ich verstehe es leider nicht genau, was sind denn die Nahtleisten? Kannst Du ein Bild senden?
Herzlich Giorgio
Herzlichen Dank für die ersten Antworten. An Bommel IV – und eventuell weitere: Woran seht Ihr ganz konkret, dass der Schwertkasten komplett neu gebaut werden muss? Ich wüsste das wirklich gerne. Vielleicht sehe ich es ja nur nicht.
Herzlich, Giorgio
Schau den Schwertkasten doch mal genau an. Die unteren Plankenstöße sind von beiden Seiten im Nahtbereich durchgegammelt und verfault ( Im Original sind die stufig aufgesetzt) Sicherlich auch dank des Blecheinsatzes. Der Schwertkasten wird von innen nicht anders aussehen. Am Schwertkasten von aussen angesetzte Bretter und Versteifungen sind im unteren Bereich und am Schwertkasten anliegeng genau so vergammelt. An der Stirnseite sind die Schwertkastenplanken auch schon angefressen. Im Schwerkastenschlitzbereich am Kielschwein muss auch dringend etwas gemacht werden . Ist der Bereich auch weggefault wird es ganz traurig. Unter dem Polyester erscheint es mir auch schon fragwürdig auszusehen. Da müsste auch weiter nachgeschaut werden. (Leichentuch ? ). Wenn man das alles bedenkt sollte man den Rat einer Holzwerft einholen und sich danach richten. Ich segle seit 60 Jahren nur Holzboote, auch 5 Piraten die ich selbst vorgerichtet habe, und erlaube mir daher diesen Rat zu geben. MfG. Bommel IV
Hallo! Auch ich bin an einem Holzpiraten zugange. Auch mein Schwertkasten muss gemacht werden. Aber weit weniger zerstört. Bei deinem Teil sehe ich aber wirklich nur eine Gesamterneuerung durch den Fachmann. Auch das sogenannte “ Kielschwein“ muss sachgerecht ausgebessert werden. Hier muss abgewogen werden ob der Wert des Bootes das noch hergeben würde. Nicht nur der “ Ideelle !!! “ MfG.
Hallo Giorgio,
Zu 7: https://www.holzpirat.org/2014/12/dichtungsring-fuer-den-schwertbolzen/
VG Christoph
Hallo Giorgio
Zu 4: Der Schwertkasten ist nicht aus Mahagoni gefertigt – zu weiches Holz.
Zu 5: Metall würde ich persönlich wohl nicht nehmen, lieber innen alles mit Epoxi dick ausstreichen.
Zu 6: einfach eine A2 oder A4 Edelstahl Schraube im Handel kaufen. Ich habe damals 12mm genommen, glaube ich. Beim Reindrehen Epoxi dazu und die zwei Dichtungsringe von zwei Bierflaschen (siehe auch hier mein Tipp).