Copyright: Rolf Bertschinger (mit freundlicher Genehmigung für www.holzpirat.org)
Der Spiegel
Den Spiegel nach Plan ausschneiden. Die Schmiege muss, wie im Plan vermerkt, zugegeben werden (seitlich 6 mm Unterwasser 4 mm). Aussparung für die Kimmweger Abb. 28 a) auf halbe Dicke des Spiegels ausfräsen, so dass die hintere sichtbare Fläche des Spiegels erhalten bleibt. Beim Deckweger ist keine Aussparung nötig, weil dort die dreieckige Eckverstärkung genügend Festigkeit ergibt.
Um den Spiegel in der richtigen Höhe auf den Kiel zu setzen, muss der Kiel 20 mm tief ausgefräst werden Abb. 28 b). Dabei muss die Kimmhöhe 330 (+/- 5) im Auge behalten werden. Diese Fläche hat eine horizontale Ausrichtung und verläuft nicht parallel zum Kiel, der ja eine gebogene Form hat (Kielsprung). Um für den Oberfräser eine Auflagefläche zu bekommen, legt man einen Holzkeil mit entsprechendem Winkel auf den Kiel.
Spiegelknie an der leicht gerundeten Form des Kiels anpassen und mit der Wasserwaage die senkrechte Seite, die gegen den Spiegel kommt, anreissen und planhobeln. Holzrichtung diagonal wählen.
Für das Verleimen an der Hypotenuse zunächst zwei „Ohren“ Abb. 28 c) stehen lassen, an denen die Schraubzwingen angesetzt werden können. Schrauben sind nicht nötig. Zum leichteren Positionieren des Spiegelknies beim Verleimen, wird die Mittellinie bzw. die Dicke des Spiegelknies, auf Kiel und Spiegel angerissen. Spiegel und Spiegelknie zusammen verleimen, unter Berücksichtigung der beiden Richtungen:
1) Horizontal durch das Messen der Kimmhöhe auf beiden Seiten, Abb. 29.
2) 90° Ausrichtung in Bezug zur Längsachse des Schiffs. Dazu bei Spant 2 auf die Mittellinie einen Nagel in den Kiel schlagen, als Anschlag für den Doppelmeter. Man misst vom Nagel zu den beiden äussersten Punkten des Spiegels auf Deckhöhe.
Abb. 28
Abb. 29 Fixierung beim Verleimen
Die Spanten erhalten die Schmiege für die Seitenplanken
Zuerst wird an den Spanten die Schmiege herausgearbeitet. Die Winkel finden sich im Anhang dieser Bauanleitung.
Das Markieren der Mallkanten mit einem Filzstift hilft beim Hobeln der Schmiege. Der blaue Strich (Mallkante) darf nicht weggehobelt werden, Abb. 30.
Am einfachsten geht es mit der elektrischen Hobelmaschine und dem verstellbaren Winkelanschlag.
Die Schmiege in den Aussparungen für Kimm- und Deckweger kann mit dem Oberfräser gemacht werden. Die zuerst gehobelte Schmiege Abb. 30 a) wird als Auflagefläche für den Oberfräser benutzt, der dann den jeweiligen Winkel auf die Aussparung für den Deck- bzw. Kimmweger überträgt, Abb. 30 b).
Abb. 30
Mit dem Winkelmesser kann die Neigung überprüft werden, Abb. 31 c)
Abb. 31
Aussparung für den Kiel mit den beiden Nüstergatten (Durchlass). So kann das Bilgenwasser unter dem Spant hindurchfliessen und sich am tiefsten Punkt beim Schwertkasten sammeln, Abb. 32.
Abb. 32
Verleimen der Spanten auf den Kiel
Die Bodenwrange mit Hilfe der Wasserwaage senkrecht auf den Kiel stellen und den Schmiege-Winkel für die Auflagefläche bestimmen.
An der Bodenwrange und dem Spant die ermittelte Schmiege hobeln und in einem ersten Arbeitsschritt die beiden, auf dem Kiel fixiert, miteinander verleimen. Mit einem Stück unterlegtem Zeitungspapier verhindert man das Verkleben mit dem Kiel, Abb. 33.
Damit wird die vertikale und horizontale Ausrichtung (Kimmhöhe) etabliert. Falls nötig, kann die Kimmhöhe, durch bearbeiten der Auflagefläche (Schmiege), noch etwas korrigiert werden.
Nun wird die Bodenwrange, mit einer Zugabe von 5 mm für die Schmiege, entlang der Unterseite des Spants abgeschnitten.
Abb. 33
>> Der Schmiege-Winkel im Unterwasserbereich nimmt in Richtung Kimm immer mehr ab und kann nur ermittelt werden, indem in der Kiel-Oben-Position eine Leiste in Längsrichtung über die Spanten gelegt wird und die nötige Schmiege für jedes Teilstück sichtbar macht. Diese Arbeit wird aber erst vor der Bodenbeplankung ausgeführt.
Achtung: Wenn der Spant jedoch einmal mit dem Kiel verbunden ist, lässt sich die Schmiege nahe am Kiel schlecht bearbeiten. Daher werden die ersten 15 cm Schmiege, mit dem am Kiel ermittelten Winkel gehobelt, bevor in einem zweiten Arbeitschritt die Einheit Spant/Bodenwrange auf den Kiel geleimt wird. Mit dieser Verleimung etabliert man den Spantenabstand und mit Hilfe, der auf die Deckbalken geschraubten Dachlatten, den 90° Winkel zur Längsachse des Schiffs, Abb. 34 d).
Abb. 34
Mit dieser Vorgehensweise werden nun alle Spanten und Bodenwrangen Stück für Stück montiert.
Vor dem Verleimen der Spanten 5, 6 und 7 muss die Öffnung für den Schwertkasten herausgeschnitten werden. Beim Verleimen werden gleichzeitig auch die seitlichen Streben am Schwertkasten angebracht. Am besten übt man die Vorgehensweise für die Montage, bevor man den Leim anrührt, da diese Bauphase etwas schwierig ist.
Den Schwertkastenschlitz mit Distanzleisten gegen das Zusammendrücken sichern, bevor die seitlichen Streben mit Schraubzwingen am Schwertkasten fixiert werden.
Verleimen der Kimm- und Deckweger
Da es schwer sein wird, 5.2 m lange Kastanienlatten zu bekommen, wird ein Verlängern durch Schäften nicht zu vermeiden sein. Richtig gemacht, wird die Festigkeit dadurch nicht gemindert. Beide Latten nebeneinander legen und im spitzen Winkel gemeinsam durch-schneiden. Die Kreissäge wird dabei entlang einer Schiene geführt, Abb. 35. Da die beiden verjüngten Enden den gleichen Winkel haben, lassen sie sich passgenau übereinander legen, so dass die Dicke der Latte gleichbleibend ist. Die Länge der Schäftung soll 8 – 10 mal der Dicke der Latte entsprechen.
Spant 11: Durch die halbe Kimmbreite von 79 mm ergibt sich zwischen Spant 10 und dem Steven eine leicht konkave Kimmlinie, was das Verleimen des Kimmwegers erschwert. Im Vergleich zu einem anderen Vollholzpiraten hat sich diese Sachlage bestätigt.
Achtung: Beim Verleimen der Weger und der Seitenplanken darauf achten, dass der Kiel gut mit Schraubzwingen auf der Helling fixiert ist und der Kiel in Form gehalten wird (Kielsprung). Sind Weger und Seitenplanken einmal montiert, kann sich der Kielsprung nicht mehr verformen.
Nach dem Montieren der Deckweger werden die Eckverstärkungen am Spiegel verleimt.
Abb. 35
Die Seitenplanken
Mit der obersten Planke beginnen. An jedem Spant die Höhe vom Deck bis zur Kimm durch die Anzahl Planken (hier sind es 4) dividieren. Die oberste Planke erhält einen Zuschlag von 2 cm, da sie sonst wegen der Scheuerleiste visuell schmaler erscheinen würde als die anderen Planken.
Den so ermittelten Wert bei jedem Spant anreissen, mit einem Metallmessband die Punkte verbinden, mit Klemmen fixieren und die so erhaltene Plankenbreite anreissen, Abb. 36a).
Abb. 36
Entlang dieser Linie (untere Seite der Planke) wird die Planke winklig gehobelt. Die Vorrichtung, mit der die elektrische Hobelmaschine
im rechten Winkel geführt werden kann, ist hier sehr hilfreich, Abb. 37.
Abb. 37
Die Gleichmässigkeit der gehobelten Fläche kann mit einem kurzen Lineal auf mögliche „Überhöhungen“ überprüft und wenn nötig, mit
der Ziehklinge ausgeglichen werden. Je gleichförmiger die Fläche ist, desto besser lässt sich die nächste Planke anpassen.
Danach wird mit dem Oberfräser die Nut für die Überblattung gefräst. Auf halbe Plankendicke und 14 mm breit. Die Einstellung des Oberfräsers bleibt für alle Planken gleich und muss nicht mehr verstellt werden. Siehe Skizze „Überblattung“.
Nach dem Fräsen die innen liegende Seite 0.3mm abhobeln und die Kante leicht brechen, damit auf der äusseren sichtbaren Seite die Planken nahtlos gegeneinander stossen. >> Planke 2 und 3. haben oben und unten eine Nut für die Überblattung.
Die Planken werden ab dem 10. Spant ziemlich stark „verdreht“. Die Montage wird erleichtert, wenn sie im Wasserdampf schon etwas
in Form gebracht wurden. Dafür die Planke einige Minuten nass machen und unter Verwendung des Heissluftföhns biegen, indem die Planke auf der Höhe von Spant 10 fixiert und der vorderen Teil mit einer Schraubzwinge zwischen zwei Dachlatten geklemmt wird, die als Hebel für das Verdrehen dienen. Von vorne gesehen auf Steuerbord im Uhrzeigersinn, auf Backbord im Gegenuhrzeigersinn drehen. Abb. 38 zeigt das Resultat der Verwindung. Diese Arbeit erfordert ein behutsames Vorgehen, damit kein Bruch entsteht!
Abb. 38
Nach dem Anpassen die Planke provisorisch positionieren und die Schraubenlöcher anreissen. Die Schablone parallel zum Spant festklemmen. Damit lässt sich der Verlauf des Spants ermitteln und die beiden Schraubenlöcher immer im gleichen Abstand anreissen (je 22 mm ab Aussenkante), Abb. 39.
Abb. 39
Zwei Dinge sind beim Anreissen (Verbohren) wichtig:
1) Die Planke für das Anreissen der Schraubenlöcher gut gegen den Spant drücken, sonst liegt die ermittelte Linie nicht in der Mitte des Spants.
2) Die Schraube verläuft immer in Richtung des Spants, also nicht im rechten Winkel zur Bootswand, Abb. 40.
Abb. 40
Arbeitsschritte beim Bohren der Schraubenlöcher (Inox-Torx-Schrauben 4 x 35):
1) Auf Spantenmitte die Schraubenlöcher mit der Ahle markieren.
2) Mit dem „Dötzchenbohrer“ (Durchmesser 10 mm) 3 mm tief bohren, so dass die Schraubenlöcher anschliessend mit Holzpfropfen verschlossen werden können.
3) Loch auf Schraubendurchmesser aufbohren. Dabei ist es wichtig das Loch so gross zu wählen, dass die Schraube in der Planke nicht „greift“; dies würde das Heranziehen der Planke an den Spant verhindern. Torx-Schrauben werden ohne vorbohren in den Spant gedreht.
4) Das Loch für die Senkkopfschrauben mit dem 90° Fräser leicht ansenken, Abb. 40.
>> Für einen professionellen Finish, sollten alle Schrauben auf dem Spant von oben nach unten in einer Linie fluchten.
Die Planken sollen immer paarweise (Steuerbord + Backbord) verleimt werden, damit im Schiff keine Spannungen entstehen können.
Auf der Innenseite der Planke den Deckweger und die Spanten mit Bleistift anreissen, so dass beim Montieren der Planke der Leim mit der Rolle an den richtigen Stellen aufgetragen werden kann, Abb. 41.
Verbrauch pro Planke: 125/25 ml SP 106 Harz-Härtergemisch.
Abb. 41
Zusätzlich zu der Verschraubung mit den Spanten, jeweils zwischen diesen entlang des
Deckwegers je zwei Schraubzwingen setzen, zusätzliche Schrauben sind nicht nötig.
Am Vorsteven müssen zwei keilförmige Unterlagen für das Spannen der Schraubzwinge
angebracht werden. Das Wegrutschen nach vorne verhindert der Vorsteven, der gegenüber der Planke noch etwas übersteht, Abb. 42.
Abb. 42
Um die Planke entlang des Deckwegers nicht zu beschädigen und den Spanndruck zu
verteilen, klemmt man unter die Schraubzwingen ein Stück Dachlatte und unterlegt dieses mit Zeitungspapier, um ein Verkleben zu verhindern.
Bei einer Arbeitstemperatur von 15°C hat man etwa 90 Min. Zeit, danach fängt der Leim an zu trocknen. Das Verleimen der Planken haben wir zu Zweit gemacht und die Arbeitsschritte gut vorbereitet, so dass jeder wusste was zu tun ist. Für eine saubere Verbindung wird zum Schluss überschüssiger Leim weggewischt, so lange er noch weich ist.
Das Vorgehen bei der 2. Seitenplanke ist im Prinzip gleich wie bei der ersten.
Durch die Neigung und Rundung der Bootswand laufen die beiden Plankenenden vorn und hinten nach oben. Dieser „Überschuss“ wird beim Anpassen an die obere Planke abgehobelt. Die Planke verjüngt sich ohnehin an den Enden.
Achtung: Es ist wichtig, dass die Planke oben und unten auf die ganze Länge den
Spanten gut anliegt, „Einnäher“, um das Abstehen zu korrigieren, können im Holz leider
nicht gemacht werden!
Das Anpassen der folgenden Planken erfolgt nach dem „Punkt-Prinzip“: immer da abhobeln, wo sich der Auflagepunkt Ap) Abb. 43, befindet.
Abb. 43
Bei Zw) gibt es noch einen kleinen Zwischenraum, den es auszumerzen gilt. Wenn die Planke nicht mehr „wippt“, also überall gleichmässig aufliegt, wird die Nut für die Überblattung gefräst. Danach wieder die Breite der Planke anreissen, die zweite Nut fräsen und die Schraubenlöcher, wie oben beschrieben, bohren.
>> Die obere Nut befindet sich immer auf der Innenseite, die untere auf der Aussenseite der Planke.
Beim Verleimen werden Schraubzwingen auch vertikal gesetzt, die die zweite Planke gegen die erste drücken. Zwischen den Planken werden wieder Schraubzwingen gesetzt, um eine nahtlose Überblattung zu erzielen, Abb. 44.
Abb. 44
Nachdem beidseitig 3 Planken verleimt sind, kann der obere Rand der ersten Seitenplanke und der Deckweger fluchtend mit den Deckbalken plangehobelt werden. Erst mit der elektrischen Hobelmaschine und die Feinjustierung besser mit dem Handhobel. Mit einem Stück Sperrholz, das man über die Deckbalken legt, kann der Winkel auch zwischen den Spanten kontrolliert werden. Basis bis Deckshöhe (HD) bei Spant 0, 3, 6 und 9 ist das Vermessungsmass, das es zu beachten gilt. Die vierte Seitenplanke wird erst nach dem Verleimen der Bodenplanken montiert, da sie die Stirnseite der Bodenplanken überdecken soll.
Zur Erhöhung der Formstabilität werden an den Spanten 2 bis 7 noch die Balken für den Boden montiert. Diese müssen genau fluchten, damit die Bodenbretter flach aufliegen. Bei den Vermessungsspanten 3 und 6 ist die Höhe Deck/Boden mit +/- 40 toleriert.
Auch für die Bodenbreite gibt es an drei Stellen (vorn, Mitte, hinten) eine Toleranz. Diese Breite ist abhängig von der Bodentiefe (je tiefer, desto schmaler der Boden).
Jetzt hat das Boot genügend Formstabilität und kann von der Helling genommen werden. Es ist möglich, dass sich beim Lösen der Schraubzwingen der Bug oder auch im achterlichen Bereich der Kiel 1-2 mm von der Auflage (Helling) abhebt. Dies ist wahrscheinlich immer etwas verschieden, Holz ist eben ein lebendiges Material.
>> Das Boot wiegt jetzt etwa 73 Kg. Es besteht aus:
Kiel, Vorsteven, Spiegel mit Spiegelknie, Spanten, Deck- und Kimmweger inkl. Eckverstärkung Heck, 6 Seitenplanken, Schwertkasten mit 6 Seitenstreben (ohne obere Abdeckung), Bodenbalken, Konstruktionsdeckbalken. (Die Stabilisierungslatten in Längsschiffrichtung wurden entfernt, sie haben ihre Aufgabe erfüllt).
Zur Weiterverarbeitung wird das Boot mit dem Kiel nach oben auf zwei Holzböcke (Höhe 45 cm) gelegt, damit der Boden montiert werden kann.
Hier ergibt sich die Möglichkeit den Kielsprung (Basis – Kiel), die Kimmhöhe an den Vermessungsspanten 0, 1, 3, 6, 9, 11 und die Höhe des Vorstevens zu kontrollieren.
Zum Vermessen des Kielsprungs wird als „Basislinie“ eine 5m lange Alu-Abziehlatte vom Baumarkt gelegt, abgestützt am Spiegel (245 mm +/-0) und bei Spant 10 (158 mm +/-0), Abb. 45.
Abb. 45
Zum Messen der Kimmhöhe wird eine 2 m Latte quer darüber befestigt und mit der Wasserwaage ausgerichtet. Diese Masse haben die geringste Toleranz (+/- 5 mm). Falls nötig, können jetzt noch kleine Korrekturen durch abhobeln oder auflaminieren vorgenommen werden.
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