Mein Vater war bereits in seiner ursprünglichen Heimat Berlin in den 1960ern am Wannsee begeisterter Pirat-Segler. Beruflich ging es nach Wien, und als er 1979 unser Ferienhaus in Weiden am See erwarb, war schnell der Gedanke da: ein Pirat muss her. Über Christian Claus, Olympiateilnehmer 1988, der damals ebenfalls in Weiden wohnte, bekam mein Vater den Hinweis, dass Michael Farthofer in eine andere Klasse gewechselt habe und seinen Holzpiraten verkaufte. Es handelte sich um ein 1973er Baujahr des Bootsbauers Irzl an der Alten Donau. Die Segel waren vom Raudaschl (dessen Tochter war später meine Arbeitskollegin). Um öS 65.000 wechselte das schmucke, flotte Stück Anfang 1980 den Besitzer.
Zunächst segelte mein Vater vorwiegend mit meiner älteren Schwester, ich selbst war sechs und fasziniert von den vielen Schnüren, dem Geruch und dem Aussehen. Wurde das Schiff abends abgetakelt, so sorge ich dafür, dass alle Schnüre und Seile geordnet ihren Platz fanden. Trotz eines zeitigen Segelkurses packte mich die Faszination Segeln dennoch vorerst nicht. Vielleicht sorgte eine Ausfahrt nach Podersdorf, die mit einem heftigen Sturm enden sollte und ich mich unter Deck verkroch, dafür, dass ich sehr viel Respekt vor den Elementen Wind und Wasser bekam. Das sollte sich ändern. Mit zunehmender Kraft und größerem Gewicht stieg auch die Lust zu segeln. Und so erlebten mein Vater und ich schöne, unvergessliche Stunden auf dem See, wenn bei günstigem Wind der Spinnaker gesetzt wurde oder etwa beim Preis von Weiden 2007, als an einem Tag vier Wettfahrten bei guten 5 bis 6 Windstärken gesegelt wurden. Im gleichen Jahr lernte ich meine Frau kennen, ich konnte sie leicht für das Segeln begeistern. Einmalig war unser Segelabenteuer nach Mörbisch und zurück, bei ebenso anspruchsvollem Wind; alles auf unserem treuen, alten Holzpiraten. Doch er kam in die Jahre, das Holz bekam Risse, was tun? Vergangenes Jahr übertrug mir mein Vater den Piraten, einen Verkauf verweigerte ich und wir ließen das Holz mit viel Aufwand von Grund auf erneuern. Und nun sitze ich mit meinen Kindern an Bord, werfe den Anker, packe eine Jause aus und genieße Wind, Sonne und Wasser und die gemeinsame Zeit.
Aber unser Pirat bedeutet mehr: an Bord gibt es keine Eile, keinen Termin und kein Handy (nur für Fotozwecke). Er gibt uns gemeinsam Zeit. Zeit gemeinsam das Boot ins Wasser zu werfen, aufzutakeln und zu segeln. Er garantiert gemeinsame Erlebnisse und Zeit, die nur für uns reserviert ist. Wir beurteilen Rippeln auf dem Wasser, beobachten die Richtung, aus der der Wind weht und den Sonnenstand, der sich nur langsam ändert. Uns beschäftigen die Kirchentürme oder Bäume weit im Hintergrund, die uns als Orientierungspunkte dienen. Unser Boot ist vor allem ein Ort guter Gespräche, wir philisohpieren, reden über den Alltag und bevorstehende Pläne, oder stellen einfach fest, dass wir zusammen weniger allein sind. Und im Winter bringen uns Fotos und Erinnerungen an die letzte Segelsaison Sonnenstrahlen und Wärme ins Haus, und wir freuen uns schon lange im Voraus auf den Moment, wo wir mit unserem Piraten die neue Segelsaison eröffnen.
Hannes Hoffert Hösl, Jg. 1974, ist selbstständiger Geograph (georaum GmbH) und seit 40 Jahren mit einem Holzpiraten (OE 371) am Neusiedler See unterwegs.
Hallo zusammen,
Hannes hat sich mit dieser schönen Geschichte zu seinem Familien Piraten bei mir gemeldet. Eine weitere Geschichte eines Piraten der lange in der Famile ist, kann man bei mir hier lesen: Holzpirat seit 1955 in einer Familie.
Ihr habt auch eine schöne Piraten Geschichte? Lasst es mich / uns wissen!
Vielen Dank Hannes! Euer Malte