Christoph S. war auf der Rheinwoche 2016 von Köln-Porz bis Rees am 13. – 16. Mai. Eine tolle Veranstaltung, mit der ich auch liebäugel. Lest seinen Bericht und schaut euch sein Video an. Vielen Dank, Christoph!
Längste und wichtigste Flussregatta Europas, die seit 1922 immer über Pfingsten stattfindet. Gemeldet waren in diesem Jahr ca. 90 Boote, in Spitzenzeiten bis zu 130 Boote.
Im letzten Jahr hatte ich einige kleine Touren auf dem Rhein mit dem Holzpiraten durchgeführt (z.B. Hitdorf – Sporthafen Neuss) und meine Begeisterung für dieses Revier wuchs und wuchs. Trotz Berufsverkehr und Strömung ist ein Fahren/Segeln zwar anspruchsvoll, aber durchaus möglich.
Auf der Boot und im Netz wurde alles gesammelt, was an Informationen über dieses reizvolle Revier zu finden war. Und letzte Tipps erhielt ich noch von Thilo.
Für die Rheinwoche fehlte nur noch ein Vorschoter. Bei Maggis Binnenkursschülern wurde ich in Miriam „fündig“ und nach einer ersten gemeinsamen Probefahrt und einer recht ordentlichen Platzierung bei der Glockenregatta, konnte das Abenteuer Rheinwoche beginnen.
Meinen Piraten habe ich vor der Rheinwoche startklar gemacht − alle Stage, Beschläge, Segel kontrolliert, zusätzliche Auftriebskörper verbaut, Rettungsmittel und Kartenmaterial bereitgelegt und das leichte Aluschwert gegen ein recht schweres Stahlschwert ersetzt (Sturmböen waren angekündigt).
Am Vortag beim Einkranen / Slippen herrschte ein ziemlicher Andrang. Der Hafen war „zu“ und somit wurden wir erst einmal auf eine nahe gelegene Wiese delegiert, wo wir noch ca. 1 Stunde zusammen mit vielen anderen Teilnehmern warten mussten. Nach einer schönen, abendlichen Einführungsveranstaltung ging es dann am Samstag Morgen los. Nach der Steuermannbesprechung, die vor jedem Teilstück immer auf dem Begleitschiff MS Eureka (Bild) stattfand, wurden die Startgruppen bekannt gegeben. Für die Sicherheit / Begleitschutz auf dem Rhein sorgten 3 Boote der Wasserschutzpolizei und mehrere Einsatz-Teams der DRLG. Wir waren in Gruppe 3 (Piraten): 1 Holzpirat und 9 Kunststoff-Piraten mit Regattarigg − also eigentlich keine Chance für uns, eine zufriedenstellende Platzierung innerhalb der Gruppe zu erlangen.
Da jedoch die Wetteraussichten (Sturmböen, 12 Grad, teilweise Regen, Wind aus NW) keine Spazierfahrt ankündigte, lautete unser Motto nur: „Heil ankommen“! Dieses erwies sich nicht gerade als einfach, da wir mit heftigen Böen zu kämpfen hatten. Gleich am Samstag ging so manches Boot „verloren“, mind. 1 Kenterung, Mastbruch, Wanten- und Stage rissen und einige Piraten ließen sich aus Sicherheitsgründen schleppen. Der Rhein war stellenweise dunkelgrau bis schwarz. Eine Böe jagte die nächste und so mussten wir sehr oft das Grossegel fieren. Fast die gesamte Strecke wurde gegen den Wind gekreuzt…eine Wende folgte der nächsten. Waren es 300, 400, 500 oder noch mehr ?!?
Auf der Höhe von Neuss-Grimmlinghausen gerieten wir in ein besonders heftiges Böenfeld, bei der unsere Wende am linken Ufer (Grimmlinghausen) schief lief und wir an eine Buhne mit großen, teilweise scharfkantigen Steinen gedrückt wurden, wo wir uns nur gemeinsam unter größter Kraftanstrengung mit zwei Paddeln bewaffnet, freimachen konnten. Der Schreck saß für einen Moment (nicht nur bei mir) recht tief.
Auch der teilweise starke Wellengang machte uns zu schaffen, traf doch so manche Welle, die wir nahmen, unser Boot und Vorschoterin sei Dank hatte ich anfangs weniger von dem kühlen Nass abbekommen. Dieses änderte sich aber bald, da man sich als Vorschoter/in nur in jenem Augenblick ducken muss und der Steuermann dann der Leidtragende ist. Da wünschte ich mir so manches Male einen Scheibenwischer an der Brille. Die Gischt bzw. das Spritzwasser gelangte öfters über den Wellenbrecher ins Boot, was aber nicht wirklich ein Problem für uns darstellte, da der v-förmige Boden beim Holzpiraten mit Bodenbrettern abgedeckt ist und dieser „Hohlraum“ viel Wasser aufnehmen kann, ohne dass man nass wird wie zum Beispiel in der VB- oder Valkjolle.
Auf der Höhe vor Neuss ließen die Böen etwas nach und in einem Tross von ca. 5 Booten konnten wir zum ersten Mal an Tag 1 durchatmen und etwas trinken, als neben uns ein lautes Krachen alle erschrecken ließ: das Boot der Wasserschutzpolizei, dass uns in diesem Abschnitt einige Zeit begleitete, war rechtsrheinisch nahe der Buhnen aufgelaufen und saß fest − ein recht eigenartiger Anblick.
Auch Tag 2 war ähnlich anstrengend. Das Wetter wurde einfach nicht besser. Zudem war auf diesem Teilstück recht viel Berufsschifffahrt unterwegs – ein großer Schubverband folgte dem anderen. Dennoch haben wir alle Zielhäfen problemlos unter Segel erreicht und immer einen guten Platz an den Stegen erlangen können − mal im Päckchen als 8. Boot, mal direkt am Steg.
Das vorher gebuchte, warme Mittagessen auf der MS Eureka tat jeweils sehr gut und man hatte kurz die Gelegenheit sich aufzuwärmen und sich für die nächste Etappe neu zu sortieren.
Am dritten Tag ließen die Böen endlich nach und auf der recht kurzen Etappe von Wesel nach Rees ging es mit 2-3 Bft. ein wenig entspannter in die Einfahrt des Zielhafens Rees. Zum Glück wurden wir dort von einer freundlichen Crew der Yacht „Halle 6“ in Schlepp genommen, lag der Hafen doch gefühlte 1000m binnenwärts.
Schäden am Boot waren bis auf zwei verloren gegangene Segellatten nicht zu verzeichnen, der alte Kahn brachte uns die 167 km sicher durch alle Widrigkeiten.
Ergebnis für uns: Platz 60 in der Gesamtplatzierung, Platz 6 in der Piratengruppe, Blaues Band Platz 54, keine Disqualifikation 😉
Was bleibt, sind sehr schöne Erinnerungen an diesen stellenweise Höllenritt, an die vielen netten Teilnehmer, die perfekte Organisation und das Gefühl ein Abenteuer miterlebt zu haben, das süchtig macht.
Die nächste Rheinwoche in 2017 findet übrigens von Koblenz nach Hitdorf / Langenfeld statt, was sehr reizvoll klingt und … nach der Rheinwoche ist vor der Rheinwoche 😉
PS: sehr lesenswert ist auch der Bericht „Der Fluss der Abenteuer“ von einem der GFK Piraten.